Eine Filmkritik von Markus Fiedler
Charmebolzen aus dem Fantasyreich
Es gibt zwei Arten von Menschen. Die einen haben zumindest in ihrer Jugend einmal selbst Rollenspiele gespielt – oder tun dies noch immer – und wissen genau, worum es sich bei dieser Art von Spiel handelt und wie es funktioniert. Und die anderen haben sich noch nie mit diesem Phänomen beschäftigt, einem Hobby, dem manche Filmstars wie Joe Mangianello fast wöchentlich nachgehen und das in Teilen Hollywoods gerade extrem angesagt ist. Sie wissen nicht, wie es sich anfühlt, in die Rolle eines Zwergenkriegers, einer Elfenmagierin oder eines Gnomdiebs zu schlüpfen und gemeinsam mit Freunden lebensgefährliche Abenteuer zu überstehen. Das Gute an der neuen Verfilmung des Spiels „Dungeons & Dragons: Ehre unter Dieben“ ist, dass der Film auch dann Spaß macht, wenn Zuschauer:innen noch nie mit diesem Spiel zu tun hatten. Er ist für erfahrene D&D-Spieler lediglich noch ein wenig besser als für Neulinge.
Einst hatte sich der Barde Edgin (Chris Pine) dem Orden der Harfner angeschlossen, die im wohl bekanntesten D&D-Universum der Vergessenen Reiche das Böse bekämpfen. Doch Edgin zahlte für diesen Kampf einen hohen Preis und begann danach mit der ähnlich desillusionierten Barbarenkriegerin Holga (Michelle Rodriguez) eine Laufbahn als Kleinkrimineller. Als ein großer Coup spektakulär fehlschlägt, geraten Edgin und Holga in Gefangenschaft und brauchen Jahre, um zu entkommen. Nun sind sie auf der Suche an Edgins Tochter Kira und geraten dabei in ein lebensgefährliches Abenteuer, in dem es vor bösen Magiern, Monstern und Drachen nur so wimmelt.
Mit Jonathan Goldstein und John Francis Daley hat nicht nur ein Regie- und Autorenduo den Film inszeniert, das bereits vorher den ansehnlichen Game Night umgesetzten, die Macher outen sich auch als Fans des Spiels. Denn Kenner der Vergessenen Reiche treffen im Film ständig auf bekannte Namen wie Baldurs Tor, Niewinter oder Tiefwasser, begleiten die Gruppe sogar ins Reich der Dunkelelfen und sehen immer wieder bekannte Monster der Fantasywelt. Für Neulinge sind das einfach interessante Kreaturen, D&D-Fans aber dürfte die Sorgfalt, mit der Goldstein und Daley hier zu Werke gegangen sind, wirklich begeistern. Regelpuristen werden zwar bei der einen oder anderen Szenen berechtigterweise einwerfen, dass das so nicht hätte passieren können, selbst die dürften aber vom Charme des Casts bald überwältigt sein.
Denn die Mitwirkenden wie Chris Pine, Hugh Grant, Sophia Lillis und Justice Smith strahlen in jeder Szene eine derartige Spielfreude aus, dass der eigentlich wenig originelle Fantasy-Plot bald lebt und atmet. Dazu kommen gute Gags, denn im Kern ist das Abenteuer in den Vergessenen Reichen eindeutig eine Komödie, wenn auch spannende Momente den Abenteuer-Plot unterstützen. Am besten ist der Film aber dann, wenn es etwas zu lachen gibt, und das ist aufgrund des gelungenen Drehbuchs ziemlich oft.
Ob das Insider-Witze sind wie die universell starken Paladine oder allgemein zugänglichere wie großartige Fragerunden mit den Toten – zu weiten Teilen funktioniert der Humor von Daley und Goldstein sehr gut. Vereinzelt zeigt Dungeons & Dragons: Ehre unter Dieben zwar einen Hang zur Albernheit, aber insgesamt bieten die Autoren hier sehr vergnügliche Gags. Vor allem, und das ist vielleicht die positivste Eigenschaft, nimmt sich der Film nicht bierernst und schafft eine angenehme selbstironische Stimmung, ohne sich jedoch über Fantasy im Allgemeinen oder D&D im Speziellen lustig zu machen. So kann der Film gut neben epischen Sagas wie der Herr der Ringe-Trilogie existieren, denn eine solche Gravitas wie Tolkiens Werk auf der Leinwand erzeugte, erreicht Ehre unter Dieben nie. Weil das hier auch gar nicht die Idee war.
Neben der Auswahl von Goldstein und Daley hat Produzent Paramount noch eine zweite gute Wahl getroffen und dem Film ein üppiges Budget von etwa 150 Millionen Dollar zugebilligt. Denn die sind gut angelegt, besticht Dungeons & Dragons: Ehre unter Dieben doch durchgehend mit hochwertigen Effekten, tollen Landschaften und einer grandiosen Ausstattung. Dass bereits ein billiger Look einen Film verderben kann, zeigte 2000 der erste, sehr misslungene Versuch, die D&D-Welt auf die Leinwand zu bringen. Doch zwischen diesem Film und dem neuen Werk liegen sprichwörtlich Welten. Mit einer FSK-Freigabe von 12 Jahren ist Dungeons & Dragons: Ehre unter Dieben ein perfekter Familienfilm, der alles mitbringt, was ein guter Unterhaltungsfilm bieten sollte. Er ist in keiner seiner 134 Minuten langweilig und entführt Zuschauer:innen sehr charmant in fremde Welten. Lediglich auf unterschwellige Botschaften oder eine Meta-Ebene muss das Publikum verzichten. Dieser Film ist genau das, was er zu sein scheint. Und das ist in diesem Fall auch genug.
Ein charmanter Dieb versucht zusammen mit einer Gruppe außergewöhnlicher Charaktere ein verlorenes Relikt zu stehlen. Doch als sie sich mit den falschen Mächten anlegen, sehen sich die Abenteurer einer tödlichen Bedrohung gegenüber.